Es ist kompliziert

Neue Energieetikette ab 2023

Es ist kompliziert

16. November 2022 agvs-upsa.ch – Für 2023 wird die Berechnungsmethodik der Energieetikette nicht im üblichen Turnus nachgeschärft, sondern quasi völlig umgekrempelt. AUTOINSIDE weiss, was sich wann warum ändert, was das BFE dazu sagt und wie die Autoimporteure die Auswirkungen auf das Garagengewerbe einschätzen.

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tpf. Wäre die Energieetikette ein Facebook-Beziehungsstatus, stünde da wohl «Es ist kompliziert»: Seit ihrer Einführung 2003 muss sich die Etikette Kritik gefallen lassen, darf aber mit den Kategorien A bis G längst auch als etablierte Orientierungshilfe gelten. Um letzteres zu stärken, wird mit der Berechnungsmethodik eines der wichtigsten Elemente der Etikette per 1. Januar 2023 revidiert.

Neben der regelmässigen, sprich jährlichen Anpassung der Etikette an technologisch weiter entwickelte Fahrzeuge waren bislang zwei grosse Änderungen zu verzeichnen. So hatte die Etikette einen Geburtsfehler: Auf Druck der Autobranche war das Gewicht – Stichworte Allrad und Vollausstattung – einbezogen worden. Das führte zu diskussionswürdigen Absurditäten wie schweren SUV in der «grünsten» Kategorie A oder vorbildlich leichten Fahrzeugen, die mangels Gewicht keine günstige Einstufung erhielten. Daraufhin entfiel das Gewicht als Faktor bei der Kategorieneinteilung. Später wurde dann der CO2-Zielwert der Umstellung von NEFZ- auf WLTP-Werte angepasst: Aus den 95 g/km wurden dadurch 118 g/km bei Personenwagen (PW).

Die noch aktuelle Energieetikette unterteilt auf Basis der Schweizer Typengenehmigung (TG) das gesamte Neuwagen-Angebot in sieben gleich grosse Kategorien (A bis G). Vorteil aus Sicht der Garagisten: Zwei Siebtel der Fahrzeuge tragen A oder B, was je nach Kanton die Motorfahrzeugsteuer senkt und damit ein Verkaufsargument ist. Beispiel Kanton Bern: 40/20 Prozent A-/B-Rabatt im Jahr der Erstimmatrikulation und drei Folgejahren. Der Nachteil: Teils erreichen sogar Fahrzeuge Steuerrabatt, die über dem CO2-Ziel liegen.
 
Die Energieetikette 2023 setzt ambitioniertere Anforderungen, womit weniger Modelle in die Kategorien A oder B gelangen dürften. Warum? «Energieeffizienz ist wichtig – nicht nur in Zeiten der Energieknappheit. Dies gilt für alle Antriebstechnologien. In der Kategorie A werden zukünftig nur noch sehr effiziente Modelle klassiert sein», argumentiert Thomas Weiss, stellvertretender Leiter der Sektion Energieeffizienter Verkehr beim Bundesamt für Energie (BFE) und Energieetiketten-Projektleiter. Zudem habe es bei der Etikette zuletzt auch Verzerrungen gegeben, weil die Kategoriengrenzen bislang auf Basis von Typengenehmigung (TG) berechnet werden: Bisher lösen manche Importeure nur wenige TG pro Modell mit dem dann höchsten CO2-Wert, andere etliche für jede Variante. Künftig basiert die Etikette auf der Konformitätsbescheinigung (COC), ist also «spezifisch für jedes Fahrzeug», so Weiss. Massgebend zur Berechnung wird nun neu der aktuelle CO2-Zielwert. Der in Primärenergie-Benzinäquivalent (PE-BÄ) umgerechnete Wert definiert die Grenze B zu C. Von dort werden mit je 20-prozentigem Zu- bzw. Abschlag die Kategorien errechnet.

Diese Berechnungsmethodik wird nur noch angepasst, wenn sich der CO2-Zielwert für Neuwagen ändert. Hingegen werden die Umweltkennwerte zur Berechnung der Primärenergie-Benzinäquivalente weiterhin jährlich aktualisiert, (BFE-Brancheninfo s. QR-Code), etwa aufgrund veränderter Förderregionen von Treibstoffen oder geänderten Strommixes – dies wirkt sich auf den Aufwand an Primärenergie und die CO2-Emissionen aus. Drohen Autoimporteuren nun höhere CO2-Sanktionen? «Nein, die Energieetikette hat darauf wenig Einfluss», sagt Andreas Burgener, Direktor Importeursverband Auto-Schweiz, «doch dürfte es wegen des Auslaufens des Phasing-in, also der Übergangsregelungen, 2022 mehr werden.» Von 2020 zu 2021 waren die Strafen von 132 auf 28 Millionen Franken (nur PW) gesunken. Zur 2023er Etikette sagt Burgener diplomatisch: «Wir können damit leben.» Tönt kritisch. Burgener: «Garagisten fehlt bei weniger Neuwagen mit günstiger Etikette ein Argument, um Kundinnen und Kunden zum Kauf energieeffizienter Fahrzeuge zu bewegen. Aus unserer Sicht braucht es die Etikette nicht, weil der Informationsgehalt begrenzt ist. Der CO2-Wert würde ausreichen. Der Anreiz, CO2-Ziele einzuhalten, besteht ohnehin, um Sanktionen zu vermeiden.»

BFE-Experte Weiss sagt: «Wichtig ist, dass die neue Energieetikette das Angebot besser verteilt und die Realität in Bezug auf Energieeffizienz besser abbildet. Es werden nur noch energieeffiziente Modelle in den Kategorien A und B sein. Zudem ist die Etikette als klarer Indikator für Käuferinnen und Käufer wichtig. Auf einen Blick ist ersichtlich, wie effizient ein Modell ist. Eine solche Klassifizierung hat sich auch bei anderen Produkten etabliert und stellt eine wichtige Kundeninformation dar.»
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